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Naturgemeinschaft: Outdoor-Know-how für Skandinavienfreunde

Vinjerock Norge

Immer mehr Menschen zieht es hinaus in die Wildnis. Doch fehlendes Know-how und andere Barrieren stehen dem Abenteuer oft im Weg. Mit Gemeinschaftsevents in der freien Natur bringen skandinavische Outdoor-Marken Wunsch und Wirklichkeit näher zusammen.

Wer eine Karte für das Vinjerock 2017 ergattert hatte, konnte sich glücklich schätzen. Innerhalb von Sekunden waren die 3 100 Tickets für das Musikfestival im norwegischen Nationalpark Jotunheimen ausverkauft – wie in jedem Jahr. Das Kontingent auszuweiten kommt für Festivalchefin Julie Forchhammer dennoch nicht in Frage: »Wir müssen Rücksicht auf die Natur nehmen. Und natürlich ist auch die Logistik eine Herausforderung.« 23 Kilometer sind es vom Parkplatz in Eidsbugarden bis zum Festivalgelände.

Kultur und Natur vereinen

Seit 2006 gibt es das Vinjerock. Grundgedanke war es, ein cooles Rockfestival in der Wildnis zu veranstalten, jenseits der Baumgrenze mit mächtiger Landschaftskulisse. Heute gilt es nicht nur als Norwegens bestes Musikfestival, sondern auch als ausgezeichnetes Beispiel dafür, wie sich Kultur- und Naturerlebnis verbinden lassen. Neben den 25 Konzerten gibt es über 75 andere Aktivitäten – darunter auch geführte Klettertouren und Wanderungen in die umliegende Berglandschaft, Schreibkurse oder eine Blumensafari mit dem bekanntesten Botaniker des Landes.

Einer der Hauptsponsoren und –akteure ist Bergans of Norway. Das große Zelt der Outdoor-Marke im Zentrum des Festivals gilt als beliebter Treffpunkt für Besucher, die hier Informationen zu Outdoor- und Nachhaltigkeitsthemen erhalten. In der Reparaturwerkstatt, ausgestattet mit Nähmaschinen, Stoffen und Reißverschlüssen, kann bei Workshops verschlissene Kleidung repariert werden. Über 300 Besucher nahmen das Angebot bereits in Anspruch. Außerdem stellt Bergans Ausrüstung zur Verfügung und veranstaltet zusammen mit dem norwegischen Tourismusverein Kurse und Outdoor-Aktivitäten.

»Wir wollen nicht einfach nur das Event mit Geldzuwendungen unterstützen, sondern Aktivitäten anbieten, die Menschen näher an die Natur heranbringen – und die das Umweltbewusstsein stärken«, sagt Nachhaltigkeitschef Christoph Centmayer. »Hier können wir die Menschen direkt abholen, Ängste und Barrieren abbauen.« Das gemeinsame Erlebnis, die Möglichkeit, mit anderen zusammen auf einfache und sichere Weise die nahe Wildnis zu entdecken, spiele dabei eine wichtige Rolle.

Outdoor-Wunsch versus Outdoor-Werbung

Wie Bergans stellen sich immer mehr Outdoor-Unternehmen die Frage, wie sie Abenteuerneulinge nach draußen locken. Eine internationale Umfrage der European Outdoor Group (EOG) zeigt, dass es einerseits ein großes Interesse gibt, mehr Zeit in der Natur zu verbringen. Andererseits lässt sich dieser Wunsch mit der durch Werbung und Medien vermittelten Wirklichkeit von waghalsigen Kletter- und Skitouren oder extremen Survivaltrips in der einsamen Wildnis kaum in Einklang bringen.

»Viele fühlen sich von der Wildnis eingeschüchtert und fürchten, ihre Fähigkeiten, Ausrüstung und Fitness seien nicht ausreichend«, erklärt Inge Lissens, Forschungsleiterin bei Insites Consulting, das die Befragung für die EOG durchführte. »Statt für eine Klettertour zu trainieren, fühlen sich Outdoor-Neulinge von anderen Aspekten angesprochen. Sie wünschen sich Aktivitäten, die zu ihrem Lebensstil passen,und wollen sich Gleichgesinnten anschließen, um sich gegenseitig zu motivieren und Freundschaften zu schließen.«

Gemeinsam in die Wildnis

Gemeinschaftserlebnisse wie das jährliche Wanderevent Fjällräven Classic, das inzwischen nicht mehr nur im wilden, weiten SchwedischLappland, sondern auch als Light-Version auf der schneller zu erreichenden dänischen Insel Fünen stattfindet, sind Antworten auf diese Sehnsucht. Hier bietet der Veranstalter Fjällräven neben der Infrastruktur auch gleich das nötige Know-how – und natürlich die entsprechende Ausrüstung.

Die schwedische Traditionsmarke Morakniv veranstaltete 2017 erstmals ein viertägiges Camp in ihrer Heimatregion Dalarna. Beim Morakniv Adventure Camp lernen die rund 70 Teilnehmer alles über den richtigen Umgang mit dem Messer und über das Leben in der Wildnis. Geleitet werden die Workshops, die sich an verschiedene Zielgruppen richten, von Outdoor-Experten wie Johan Skullman und Dave Canterburry: »Manche Teilnehmer haben noch nie im Zelt geschlafen, andere haben dort schon wochenlange Wildnisabenteuer verbracht«, sagt Moraknivs Eventmanager Bashar Mustafa. »Wir holen sie bei ihrem jeweiligen Kenntnisstand ab. Nach dem Erfolg der Veranstaltung im ersten Jahr ist für Anfang Mai 2018 bereits eine Neuauflage geplant.

Lauf (in) der Natur

Auch die Göteborger Sportschuhmarke Icebug erleichtert ihrer Laufkundschaft mit verschiedenen Veranstaltungen den Zugang zur Natur.Das Laufevent Icebug Xperience in Bohuslän an der schwedischen Westküste ist inzwischen ein echter Klassiker. An drei Tagen bewältigen die über 700 Teilnehmer insgesamt 75 Kilometer und können zwischen drei Startgruppen mit unterschiedlichem Tempo wählen. Für Verpflegung, Betreuung und sogar Outdoor-Kinderbetreuung ist gesorgt. »Der Wettkampfgedanke war für uns immer eher nachrangig«, erklärt Icebugs Marketingleiter Dick Ivarsson. »Wir empfehlen den Teilnehmern, keine Zeiten zu jagen, sondern die einzigartige Natur zu erleben. Kein Stress!«

Neben dem Icebug Xperience, von dem es inzwischen auch eine Fjällversion im jämtländischen Åre gibt, sorgte die Marke auch mit dem Konzept Forest-Femmes für Aufmerksamkeit. Begonnen hatte alles mit einer Initiative von Michaela Lindgren, Filialleiterin des Göteborger Concept Stores, die ihre Kunden zum Trailrunning im Wald befragt hatte: »Die meisten Männer gaben an, bereits aktive Trailrunner zu sein. Die Frauen meinten, sie würden gerne im Wald laufen, allerdings sorgten sich viele um ihre Sicherheit.« Das brachte Michaela auf die Idee, Trailrunningtreffs speziell für Frauen in den stadtnahen Naturschutzgebieten zu veranstalten. Ein Riesenerfolg. Inzwischen treffen sich dort jeden Montagabend oft mehr als hundert Frauen zum gemeinsamen Laufen – kostenfrei und in verschiedenen Gruppen. »Da wir uns nicht an Tempo und Zeiten orientieren, kommen sowohl Anfänger als auch erfahrene Läuferinnen zu uns. Die Lauftreffs bieten Frauen die Chance, zu entdecken, wie einmalig schön es sich im Wald laufen lässt.« Ein besonderer Weg, Outdoor-Ängste in der Gruppe zu überwinden.

 

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