Was früher eine Kirche war, ist heute ein Ort der Begegnung: Das Folkehus Absalon im Kopenhagener Stadtteil Vesterbro lädt jeden Abend zum Community Dinner – einem offenen Abendessen für alle. Es geht nicht um Kulinarik im klassischen Sinn, sondern um Verbindung. Der Duft von frisch gekochtem Essen, Stimmengewirr und Gelächter füllen den großen Raum. Wer allein kommt, sitzt spätestens beim Hauptgang neben jemandem, mit dem er ins Gespräch kommt – oft zufällig, manchmal tiefgründig, manchmal einfach nett.
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Altes Konzept neu institutionalisiert
»Seit jeher essen Menschen gemeinsam. Wir haben uns einfach dazu entschlossen, dies an sieben Tagen in der Woche in einem öffentlichen Raum zu ermöglichen. Es ist die einfachste Art, mit Fremden ins Gespräch zu kommen, und das finden wir großartig«, sagt Arendse Würgler, die seit Beginn vor zehn Jahren mit dabei ist und das Absalon leitet. »Unsere Zielgruppe ist jeder. Jeder muss essen, und daher ist es für uns eine einfache Möglichkeit, eine Interaktion zwischen Menschen herzustellen.« Das Publikum ist entsprechend vielfältig: Familien mit Kindern, ältere Menschen aus dem Viertel, Studierende, Berufstätige, Reisende. »Leute, die sich sonst nie begegnen würden, sitzen plötzlich nebeneinander und teilen eine Mahlzeit«, sagt Arendse.
Manchmal gibt es zu wenig Brot, oder die Löffel sind weg.
Serviert wird ein einfaches, warmes Essen – vegetarisch oder mit Fleisch, dazu Salat, Brot und Getränke. Der Speiseplan wechselt wöchentlich und ist online einsehbar. Gesessen wird an langen Tischen, ohne große Regeln. Wer neben wem landet, ist Zufall.
Gegenmodell zur Vereinsamung
Die Gäste teilen die Schüsseln, schneiden Brot, räumen ab. »Das Community Dinner ist preiswert. Man kann seine Familie und Freunde einladen, da es erschwinglich ist und wir viel Platz haben«, sagt Arendse. Auch wenn das Konzept inzwischen in vielen Stadtteilen Nachahmer gefunden hat, war Absalon ein Pionier. Anfangs war das sogenannte »Fællesspisning« noch erklärungsbedürftig – heute ist es Teil des dänischen Vokabulars. Das Gemeinschaftsessen wird als Gegenmodell zur Vereinsamung im urbanen Raum verstanden. Gerade in Großstädten, wo viele Menschen allein wohnen oder wenig Berührungspunkte im Alltag haben, ist ein solches Format mehr als nur eine Mahlzeit – es ist eine soziale Intervention.
Natürlich läuft nicht immer alles reibungslos. Manchmal gibt es zu wenig Brot, manchmal ist der Löffel für die Suppe verschwunden, manchmal dauert das Servieren länger. Aber das ist Teil der Erfahrung. »Ein bisschen Chaos gehört dazu«, schmunzelt Arendse. Was bleibt, ist das Gefühl, dass hier so viel mehr geschieht, als bloß ein Abendessen.