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Finnisch gefeiert: NORR Leserin Anja auf der Jagd nach Schnee

Um Finnland im verschneiten Winter zu erleben und Polarlichter zu sehen, fährt NORR-Leserin Anja Herken in den Norden und erlebt eine Geburtstagsreise voller unerwarteter Überraschungen.

Welcher Zeitpunkt wäre besser dafür geeignet, sich selbst eine Freude zu bereiten, als der 40.Geburtstag? Mein größtes Präsent schenkte ich mir selbst und reiste mit meinem Mann Daniel und unserem Hund Elín im November nach Finnland, um uns einen großen Wunsch zu erfüllen: Nordlichter sehen. Per Fähre geht es von Kiel nach Göteborg und mit unserem bis oben hin mit Schneeschuhen, Schlitten und Winterkleidung vollgepackten Auto weiter in Richtung Stockholm, wo wir auf die nächste Fähre nach Helsinki steigen wollen. Auf der Fahrt entschließen wir uns, eine Runde im Nationalpark Tiveden zu drehen. Allerdings fällt die Wanderung überraschend kurz aus. Wir haben die Rechnung ohne den Sonnenuntergang gemacht. Bislang kannten wir Skandinavien nur im Sommer. So gibt es für uns direkt am ersten Abend eine Lehrstunde bezüglich der winterlichen Lichtverhältnisse hier im Norden.

Mit dem Boot setzen wir über Nacht von Stockholm nach Helsinki über und werden am nächsten Morgen mit Nebel und Nieselregen empfangen. Die Wettervorhersage verheißt nichts Gutes. Täglich hoffen wir auf Schnee – haben wir uns doch, neben den Nordlichtern, auch auf Rentier und Hundeschlittenfahrten in Finnland gefreut. Und die nette Dame vom Weihnachtsmanndorf hatte uns versichert, dass normalerweise Mitte November schon genug Schnee für sämtliche Winteraktivitäten liegt.

Vogel als Glücksbringer

In Etappen soll es nun Richtung Norden gehen. Über Lahti und Kuopio fahren wir nach Ruka. Auf dem Weg dorthin taucht direkt an der E5 das »Stille Volk« (fi n. Hiljainen Kansa) auf. An die 1 000 Vogelscheuchen, die der Künstler Reijo Kela hier errichtet hat, blicken starr in eine Richtung und wirken in der Landschaft sehr bizarr. Aber zwischen ihnen liegt tatsächlich ein Hauch von Schnee. Elín dreht vor Freude durch und tobt durch die Strohpuppen. In Ruka warten schon unsere Vermieter Maarit und Markku auf uns. Eine Woche wollen wir bei ihnen bleiben. Die Hoffnung auf Schnee und einen klaren Abendhimmel zum Nordlichterschauen ist größer denn je. Jeden Tag prüfen wir den Wetterbericht. Manchmal ist die Vorhersage gut, aber wirklich viel kommt nie vom Himmel.

Unsere Vermieter möchten uns zum Trost etwas Besonderes bieten und laden uns dazu ein, beim Zerteilen eines Elches zu helfen, den Markku erlegt hat. Aber wir entscheiden uns doch lieber fürs Wandern. Ein Kuukkeli, der in Finnland als Glücksvogel gilt, verfolgt uns nach einer eisigen Gebäckpause auf dem Berg Valtavaara, da er offensichtlich einige Kekskrümel von uns ergattert hatte und nun hofft, an weitere süsse Brösel zu gelangen. Wir hoffen, dass er uns auf der Jagd nach dem Nordlicht Glück bringt. Den Rest der Woche bleibt der Himmel auch tatsächlich weiterhin in einer grauen Wolkensuppe verborgen. Nach der Woche in Ruka heißt es Abschied nehmen. Wir fahren weiter nach Rovaniemi ins Weihnachtsdorf, in dem gerade das Grand Opening der Weihnachtssaison stattfindet. Natürlich nehmen wir teil und trällern, mit vielen anderen Leuten aus den verschiedensten Ländern, bereits Mitte November, fröhliche Weihnachtslieder.

Lang ersehnte Lichter

Dann fahren wir in die Stadt, um an einer Nordlichttour teilzunehmen. Vielleicht haben wir ja mit der Hilfe eines professionellen Nordlichtjägers mehr Glück. Aber das Wetter macht Daniel und mir mal wieder Sorgen. Es ist wechselhaft und fängt an zu nieseln. Mit unserem Guide Matti, einem Paar aus Dubai und einem Paar aus England geht es zum Probeshooten an den ersten Spot, um unsere Kameraeinstellungen nicht im Stockdunkeln justieren zu müssen, sollte sich später tatsächlich ein Nordlicht zeigen. Aber stattdessen sehen wir etwas Fabelhaftes, von dem wir nicht einmal wussten, dass es so ein Phänomen gibt: einen Moonbow, einen vom Mondlicht geformten Regenbogen.

Wir bewegen uns weiter und positionieren uns an einem See. Es hat aufgehört zu regnen und der Himmel klart auf. Tausende von Sternen zeigen sich – und endlich auch das so heiß ersehnte Nordlicht. Seine Aktivität ist zwar nicht die größte, wie Matti uns erklärt. Dennoch ist es ein absolut magischer Moment und wir sind unendlich glücklich. Matti zeigt uns ein paar Fototricks. Zwischendurch machen wir Lagerfeuer und grillen Würstchen. Dann ist es plötzlich Mitternacht. Mein Mann knufft mich in die Seite und gratuliert mir leise. Irgendwie habe ich gerade meinen eigenen Geburtstag vergessen. Die Polarlichter sind die tollste Überraschung überhaupt.

Selig fahren wir zurück in unsere Hütte, die ausgerechnet die Nummer 40 hat. Nach dem Geburtstagsfrühstück am nächsten Tag besuchen wir zu dritt den einzig wahren Weihnachtsmann in seinem Turm, das geht nämlich sogar mit Hund. Für die Rentierschlittentour wurde die Bahn mit Eis und Schnee präpariert. So kommen wir tatsächlich auch noch zu der Schlittenfahrt. Sogar eine Husky-Farm in der Nähe von Rovaniemi haben wir aufgetan, wo wir mit einem Trainingswagen mitfahren dürfen. Mein Highlight ist ein Schlittenhundwelpe, mit dem ich spielen darf. Danach geht es leider wieder Richtung finnischer Süden. Ein paar Orte, auf die ich mich freue, verdrängen noch etwas den langsam aufkommenden Abreiseschmerz. Dann aber ist es so weit. Leise nehmen wir Abschied von dem finnischen Winter, der dieses Jahr wohl später kommt als gewöhnlich. Nicht nur eine Träne wird vergossen. Aber wir wissen, dass wir wiederkommen, nicht nur zum Geburtstag, sondern hoffentlich bald für immer.

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