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RADELN AM KUNGSLEDEN: FJÄLLFAHRT

»Cykla?«. Die Wanderer blicken uns verwundert an. Am Kungsleden, einem der berühmtesten Wanderwege in Schweden, sind Fahrräder eine Seltenheit. Doch davon lassen sich echte Radler nicht abhalten.

Eine gemütliche Stimmung macht sich in der Fjällstation in Abisko breit. Es duftet nach Kaffee und Zimtschnecken, an den Fenstern verhindern Regentropfen die klare Sicht nach draußen. Nichts wäre schöner, als in den sanften warmen Ohrensesseln, umgeben von alten schwedischen alpinistischen Jahrbüchern, zu versinken … jedoch nicht für einen Fjällbiker. So schwingen wir uns mit den vollbepackten Rucksäcken auf die Räder und beginnen unser Abenteuer Kungsleden.

Sanft führt der Weg durch märchenhafte Birkenwälder, nebenan tobt der Fluss, immer wieder gibt es Hängebrücken zu überqueren. Weite sumpfige Abschnitte sind mit zwei handbreiten Holzbrettern überbrückt. Nur nicht daran denken, in welche Untiefen man von diesen nassglatten Dingern stürzen könnte. Schon bald wird die Vegetation weniger und mit ihr verändert sich auch der Untergrund. Der Weg wird schmal, steil und steinig, und wer sein Fahrrad liebt, der schiebt es ja bekanntlich.

Doch die nachfolgende Hochebene belohnt uns für unser Durchhaltevermögen mit eisigem Wind. Der Regen fühlt sich an wie die Gischt des Meeres, der See schlägt Wellen, im Zelt ist es so laut, dass an Schlafen fast nicht zu denken ist. Die schneebedeckten Berge blicken auf uns herab und neben den Wolken ziehen abends gigantische Rentierherden um unseren Schlafplatz herum schon bald spürt man den hohen Norden mit all seinen Sinnen.

Die nächsten Tage führen uns durch diese karge Hochlandschaft, die man hier Fjäll nennt. Menschen begegnet man hier nur selten, doch eines haben alle gemeinsam, sie bleiben stehen und wechseln nette Worte mit uns. Meist sind es Nordländer, die sich mit dem Kungsleden einen Traum erfüllen. An jeder Hütte wird man freundlich empfangen, es ist ein schönes Gefühl ein fahrradfahrender und willkommener Exot in
den Bergen zu sein. Unsere Reise führt uns weiter Richtung Süden, über den kargen, steinigen und noch schneebedeckten Tjätkapass in wieder grünere Niederungen, wo es sich abends wunderbar an Flussarmen gemütlich kochen lässt.

Schon längst haben wir uns an kühle Temperaturen und leichten Nieselregen gewöhnt, nachts hat es im Zelt knapp null Grad. Die Stille und Einsamkeit des Fjälls nimmt ein abruptes Ende, als wir uns der Kebnekaise- Fjällstation nähern. Hier herrscht reges Treiben. Doch schon bald hat einen die Ruhe des Birkenwaldes wieder, wenn man Richtung Nikkaloukta aufbricht, wo der Kungsleden für Fjällwanderer und Fjällbiker zu Ende geht.

 

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