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Zwölf auf einen Streich

Die 12 mächtigsten Berge Schwedisch Lapplands zusammen mit vier Profis auf Skiern erklimmen – eine Expedition, die sich Martin Olson leichter vorgestellt hatte. Die Gefühlsachterbahn eines Fotografen.

Der Gedanke an eine warme Mahlzeit dominiert meinen Geist, als die Dunkelheit Einzug hält. Der Gipfel des Pårtetjåkkå verschwindet, während wir uns nach Osten bewegen. Unterwegs mit den Bergguides Erin Smart und Benjamin Ribeyre, zufällig ein Paar, sowie Jackie Paaso und Reine Barkered, zwei Skiprofis aus Schweden und ebenfalls liiert, hielt ich mich (und die anderen mich sicher auch) für das größte fünfte Rad am Wagen in der Expeditionsgeschichte. Wir hatten uns in den Kopf gesetzt, alle 12 Gipfel in Schweden, die über 2000 Meter hoch sind, mit Skiern zu besteigen, von Pårte über Sarektjåkkå und Áhkká bis zum Kebnekaise. Eine Mission, die wir an einem Stück und ohne jegliche Hilfe von außen durchführen wollen – etwas, das unseres Wissens und nach sorgfältiger Recherche noch niemand zuvor erreicht hat.

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Vor allem, da bei einer Neuvermessung vor fünf Jahren der Šielmmáčohkka (ursprünglich 1 997 Meter, nun 2 004 Meter) als neuer 2 000er entdeckt wurde. Eine etwa 400 Kilometer lange Tour liegt vor uns, die in Kvikkjokk auf der Mitte des Kungsledens beginnt und uns durch 29 Nationalparks wie den Sarek mit seinen Gletschern, Flussdeltas und langen Tälern, dramatisch bevölkert von wettergegerbten Birken, führen soll.

Es ist leicht, sich an die Strapazen zu erinnern. Aber die Momente des Glücks sind immer noch am stärksten.

Fotograf dieses Unterfangens zu sein, bedeutet, hin und her zu rennen, um Jacky und Reine aus verschiedenen Winkeln abzulichten, Landschaftbilder zu machen, zu sprinten, um aufzuholen, während es eine Snackpause gibt, meine eigene einzulegen und erneut hinterherzueilen. Wir müssen eine irre Geschwindigkeit einlegen, um die Tagesetappen zu schaffen. Und das alles mit einer 50 Kilogramm schweren Pulka im Schlepptau. Mein Körper schickt eine solide Botschaft an die Beschwerdeabteilung des Gehirns. Ich hätte mehr trainieren, mehr Skitourenrunden auf meinen Hausbergen drehen und das zügige Anziehen der Steigeisen üben sollen. Aber mit einem einjährigen Sohn und einer schwangeren Frau zu Hause, sowie jeder Menge Arbeit, habe ich das wegpriorisiert.

Früh am Tag hatten wir unsere ersten beiden Spitzen, Bårddetjåhkkå (2 005 Meter) und Bálgattjåhkkå (2 016 Meter) erklommen. Ich bewege mich müde vorwärts. Nur die Hoffnung, bald im frostbedeckten Zelt ruhen zu dürfen, eine Hand in der Chipstüte, treibt mich an. Ich schalte die Stirnlampe ein und starre in die Leere. Es wird noch mindestens drei Stunden dauern, bis wir zurück sind.

Freudentaumel und Graus

Benjamin Ribyere smälter snö för att stilla sin törst efter 16 timmar på skidor.

Als wir Tag für Tag tiefer in die dramatischen Täler des Sareks vordringen, stehen wir Schneestürmen gegenüber, absolvieren Gratwanderungen und eine unglaubliche Abfahrt im perfekten Frühlingsmatschschnee am beeindruckenden Massiv von Sarektjåkkå. Es ist wunderbar, in dieser Wildnis unterwegs zu sein, aber man muss ständig in einer unversöhnlichen Umgebung um sein Überleben kämpfen. Ohne ein warmes Hotel oder Pizzarestaurant in der Nähe, kehrt man zu den Grundlagen zurück: Zelt aufbauen, Schnee zu Wasser schmelzen, Essen kochen. Es ist jedoch ein effektiver Weg, unsere Gesellschaft aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und gibt auch Zeit für die dringend benötigte Reflexion unseres schnelllebigen Daseins.

Viele Abfahrten waren grottig, andere großartig.

Es gab Streitereien und es wehte kalter Schnee an kalte Hintern, während wir unsere Notdurft verrichteten. Es steckten kalte Zehen in noch kälteren Skischuhen. Doch es gab auch diese warmen Sonnentage, Lachen und strahlende Gesichter. Und am Ende haben nicht zwei Pärchen und ein Fotograf, sondern wir, ein Team, die 12 höchsten Gipfel Schwedens auf einen Streich erklommen.

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